Donnerstag, 1. Juli 2021

[Rezension] "Kim Jiyoung, geboren 1982" von Cho Nam-Joo

Herausgeber ‏ : ‎ Kiepenheuer&Witsch
Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 208 Seiten
ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3462053289



Klappentext
Kim Jiyoung ist ein Mädchen, dessen Großeltern sich einen Jungen gewünscht hatten. 
Kim Jiyoung ist eine Tochter, deren Vater sie dafür verantwortlich macht, wenn sie belästigt wird.
Kim Jiyoung ist die perfekte Angestellte, und sie wird trotzdem nicht befördert.
Kim Jiyoung ist eine Ehefrau, die ihren Beruf aufgibt, für ein Leben als Hausfrau und Mutter.
Kim Jiyoung benimmt sich plötzlich seltsam.
Kim Jiyoung ist verrückt.
Kim Jiyoung ist wie jede Frau. 

Meine Meinung
Ich habe dieses Buch im Rahmen des Buchclubs auf Instagram gelesen und ich bin wirklich froh, dass dieses Buch ausgelost wurde. Denn von mir aus hätte ich wahrscheinlich nicht zu dem Buch gegriffen. Und dabei ist dieses Buch so wertvoll!

Selten habe ich während des Lesens das Bedürfnis mich mit meinem Mann oder der Großen auszutauschen. Meistens spreche ich erst nach der Hälfte des Buches darüber oder manchmal sogar erst nach dem Ende. 
Dieses Mal war es aber anders. Teilweise wollte ich schon nach einer Seite wieder über die Geschehnisse im Buch reden, weil sie mich aufgeregt haben. Teils, weil es ungerechte Situationen waren, teils, weil ich diese Situationen selber schon erlebt habe.

"Dennoch gab es im Leben einer Frau in entscheidenden Situationen immer wieder Momente, in denen ihr das Stigma, eine Frau zu sein, anhaftete wie Pech und ihr den Erfolg versagte."


Der Schreibstil dieses Buches ist ungewöhnlich kalt und distanziert. Es fühlt sich eher wie ein Gutachten an und wirkt daher sehr unpersönlich. Aber genau diese Tatsache gibt den Leser:innen die Möglichkeit, sich in die jeweiligen Situationen hineinzuversetzen. 

Was für den ein oder anderen Mann vielleicht eine unwahrscheinliche Aneinanderkettung diverser Erlebnisse zu sein scheint, ist doch - trotz der Tatsache, dass wir im Jahr 2021 leben - die traurige Realität vieler Frauen - die Angst, abends alleine mit dem Bus zu fahren; Verständnis dafür aufbringen zu müssen, dass Jungen Mädchen "halt ärgern"; unterschiedliche Kleiderordnungen für Mädchen und Jungen; "Hättest du etwas anderes angezogen, wäre es nicht so weit gekommen"; indiskrete Fragen während eines Bewerbungsgesprächs; Schuldgefühle, weil man in Elternzeit geht und die Arbeitskollegen/Arbeitgeber "in Stich" lässt; der Spagat zwischen den verschiedenen Rollen - Mutter, Ehefrau, Arbeitnehmerin und das eigene ich...

Seitdem ich keine Schullektüren mehr lese, markiere ich nur noch selten bestimmte Stellen in einem Buch. Dieses Mal sah es aber anders aus. Jede Markierung steht für eine Gemeinsamkeit von Kim Jiyoung und mir oder aber für ein "das ist jetzt nicht wirklich wahr!". 

Fazit
"Kim Jiyoung, geboren 1982" ist ein Buch, das zeigt, dass wir in unserer Gesellschaft noch lange nicht  am Ziel sind, wenn es um Gleichberechtigung geht.
Meiner Meinung nach sollte dieses Buch eine Pflichtlektüre sein. 
Für Frauen, damit sie erkennen, dass es nie ein Einzelschicksal ist und wir alle im selben Boot sitzen. Für Männer, damit sie ihre Haltung zu Frauen - insbesondere berufstätige Mütter - ändern (die letzten zwei Seiten gaben mir den Rest und haben die Ungerechtigkeiten noch mal verdeutlicht).
Und vielleicht sollte auch darüber nachgedacht werden, ob dieses Buch nicht auch im Unterricht eingesetzt werden sollte, damit Mädchen lernen, dass diese Ungerechtigkeiten nicht hinzunehmen sind und Jungen lernen, dass Gleichberechtigung nicht nur eine leere Worthülse ist und so viel mehr im Leben betrifft, als nur "Mädchen dürfen genauso Automechantroniker werden, wie Jungen Hebamme oder Erzieher". 

 


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