Es ist 14:30, Dirk und ich haben grade eben Collin von der Schule abgeholt und uns kurzfristig gegen Besorgungen in der Stadt entschieden. Es ist einfach zu warm.
Lena ist mit ihren Freunden zum Baggerloch. Geplant ist, dass Dirk sie abends aus dem Nachbardorf abholt.
Collin geht mit Wasserpistole und Eis raus - ein paar Häuserblocks weiter zu seinem Freund.
Wir setzen uns also entspannt auf den Balkon und genießen die Ruhe und unseren Kaffee - bis mein Handy surrt und anzeigt, dass in der Whats-App-Gruppe von Lenas Klasse etwas geschrieben wurde.
Da am Vortag eine Sitzung stattfand, bei der es um den Erhalt der Schule ging, denke ich mir nichts dabei und unterhalte mich erst mal mit Dirk weiter.
Allerdings nur ein paar Minuten - denn plötzlich ruft Lena weinend an.
Und während Dirk versucht das weinende Kind zu verstehen und zu beruhigen, verstehe ich dank der Nachricht bei Whats-App sehr gut.
Ein Schüler ihrer Schule ist verunglückt und noch am Unfallort verstorben.
Ein Schüler, mit dem sie vertraut war. Fast täglich telefoniert oder aber zumindest Nachrichten hin- und hergeschickt hat.
Ein Schüler, dessen Name uns so vertraut war, als wenn wir ihn schon seit Jahren kennen würden, dabei haben wir Eltern ihn nie persönlich kennengelernt. Nur mal ab und an am Telefon gesprochen und weitergeleitet.
Dirk holt Lena also schon eher ab.
Es herrscht Stille im Auto.
Ebenso als sie die Wohnung betritt.
Wie reagiert man als Eltern in so einem Moment?
Am liebsten hätten wir sie direkt in unsere Arme genommen, über ihren Kopf gestreichelt und gesagt es wird alles wieder gut.
Aber wie kann man so was sagen, wenn man weiß, dass da grade ein großes Loch ist, in dem die Tochter hineingefallen ist und dabei ihr junges und doch schon geschundenes Herz gebrochen ist?
Wir kommen ihrem Wunsch nach und lassen sie kurzfristig allein - mit dem Hinweis, dass wir nur ein paar Zimmer weiter sitzen und für sie da sind.
Da sitzen wir nun im Wohnzimmer und wissen beide nicht was wir tun sollen.
Selbst Dirk ist sprachlos - und dabei hat er immer einen lockeren Spruch auf den Lippen.
Die Stille ist bedrückend und obgleich ich Lenas Schulfreund wie gesagt nicht selbst kannte, ist mir zum Heulen zumute. Gleichzeitig kommen die Gefühle nach Omas und Papas Tod hoch und ich merke, wie ich dieser Situation jetzt irgendwie entfliehen muss. Ich kann und möchte jetzt nicht weinen. Ich möchte für meine Tochter eine Stütze sein.
Sie denkt scheinbar genauso - denn sie koordiniert mit ihren Freundinnen den nächsten Tag. Ein paar möchten zu den Seelsorgern in der Schule gehen. Lena eigentlich nicht. Aber sie möchte ihre Freundinnen nicht allein lassen. Ach sie möchte für jemanden eine Stütze sein.
Aber ist das wirklich immer der richtige Weg?
Sollte man nicht einfach die Dämme brechen lassen und weinen, wenn einem danach ist? In so einer Situation auch an sich denken und sich nicht nur ausschließlich darum kümmern, dass es anderen gut geht?
Und die Situation ist ja gerade auch so, dass man einfach nur noch weinen möchte.
Und die Situation ist ja gerade auch so, dass man einfach nur noch weinen möchte.
Aber Lena versucht die Starke zu mimen und wir lassen sie vorerst.
Dirk und ich sind noch eine kurze Runde durch´s Dorf gegangen. Einmal zum Edeka. Eis holen. Wegen der Hitze, sagen wir - aber es ist auch um Lena Freiraum geben zu können. Und das Eis soll nicht nur Erfrischung bringen sondern irgendwie auch Trost sein. Komisch, dass man irgendwie immer mit Essen ankommt, wenn jemand traurig ist ...
Obgleich unser Dorf auf der anderen Seite der Bundesstraße ist und der Unfall sich erst wenige Stunden zuvor ereignet hat, begegnet man fast überall traurigen Gesichtern. Die wenigsten kannten den Jungen und doch erschüttert dieses Ereignis viel mehr Menschen als man ahnt.
Dirk und ich sind noch eine kurze Runde durch´s Dorf gegangen. Einmal zum Edeka. Eis holen. Wegen der Hitze, sagen wir - aber es ist auch um Lena Freiraum geben zu können. Und das Eis soll nicht nur Erfrischung bringen sondern irgendwie auch Trost sein. Komisch, dass man irgendwie immer mit Essen ankommt, wenn jemand traurig ist ...
Obgleich unser Dorf auf der anderen Seite der Bundesstraße ist und der Unfall sich erst wenige Stunden zuvor ereignet hat, begegnet man fast überall traurigen Gesichtern. Die wenigsten kannten den Jungen und doch erschüttert dieses Ereignis viel mehr Menschen als man ahnt.
Später am Abend sitzen Lena und Collin gemeinsam auf der Couch.
Wir haben mit ihm natürlich behutsam gesprochen und auch darüber, dass Lenas Gefühle gerade nicht wirklich einsortierbar sind.
Ihm gegenüber äußert sie sich kaum.
Den kleinen Bruder mit solchen Informationen belasten möchte sie nicht. Schließlich kannte er ihren Schulfreund auch von Telefonaten und Erzählungen. Ja sogar von Videochats.
Als Collin sie aber nur ganz leicht berührt und sie mit einem Blick ansieht, der sagen möchte "Hey, ich bin für dich da" - da weint sie auch.
Endlich - denken wir und auch bei uns fließen Tränen.
Denn das gehört zum Trauern dazu und ist so wichtig.
Wir haben nicht mehr viel gesprochen.
Nur noch beisammen gesessen.
Und Händchen gehalten.
Alle vier.
Und sind so für Lena - ja sogar für einander - da gewesen.
Und sind so für Lena - ja sogar für einander - da gewesen.
In unseren Gedanken sind wir bei der Familie und weiteren Freunden des Jungen.